MUSIKTELEGRAF
Musik Magazin, Berlin, Online Ausgabe
(Deutschland / Dez. 2019)
ALWA GLEBE
“Against The Pain”
Das dritte Album “Against The Pain” strotzt vor “beunruhigender Ruhe”
Die Band
Die mittlerweile 59jährige (!!) deutsche Musikerin Alwa Glebe blickt auf eine entsprechend lange musikalische Vergangenheit zurück. In den späten 70ern begann sie ihre Aktivitäten im Musikgeschäft und formierte aus der frühen Punk- und Wavebewegung die deutsch-britische Band Index Sign. Ein weiterer Meilenstein ist ihre Begleitung der Simple Minds als Special Guest auf ihrer Sons & Fascination-Tour.
Während längerer Auslandsaufenthalte in den 80er Jahren entwickelte sie sich mehr und mehr und begann schließlich mit der Arbeit an eigenen Songs. Sie kehrte nach Deutschland zurück und begann im frisch wiedervereinigten Deutschland Ihr Studium der Philosophie und deutschen Literatur.
Erst 1999 debütierte Alwa Glebe als Sängerin und Solo-Künstlerin, wenn gleich erst das zweite Album “Irrlichter” sie in der Szene als “Dark Chanteuse” etablierte. Diverse internationale Magazine wurden so auf sie aufmerksam und sparten nicht an Lobeshymnen.
Musikalisch rangiert die Dame mit der imposant sanften und dunklen Gesangsstimme in einer spannenden Nische, die nur von wenigen Musikern “gewagt” wird. Den Titel “Dark Chanteuse” trägt Alwa Glebe nicht zu unrecht, denn musikalisch ist es genau das, was sie mit langsamen, zum Teil sehr schwermütigen Liedern erschafft: dunkler, moderner Chanson.
Das Album
Das dritte Studio-Album der unter anderem mit Marianne Faithful und Graces Jones verglichenen Musikerin, besticht durch einen konsequenten Minimalismus was das instrumentale Arrangement angeht. Vorrangig eine Gitarre, spärlich eingesetzte Drums, Streicher und gerne mal ein Orgelklang, mit mehr muss sich der Gesang nicht auseinandersetzen um stets im Vordergrund zu bleiben. Dieser sehr sparsame Einsatz von Instrumenten lenkt den Fokus des Zuhörers automatisch auf die Stimme und den Text der Chansonette. Hier kommt sie dann zum tragen, die eingangs benannte “beunruhigende Ruhe”. Der Tag kann noch so hektisch gewesen sein (und mein heutiger Tag war bis zum Arbeiten an dieser Rezension echt nicht lieb zu mir….), Kopfhörer auf und Alwa Glebe hören….. musikalischer Genuss, entschleunigen und herunterfahren kann so einfach sein.
Fazit
Eine moderne Form des Chanson kannte ich bisher nur von Katja von Kassel, die allerdings im Gegensatz zu Alwa Glebe überwiegend auf elektronische Musik setzt. So war das vorliegende Album “Against The Pain” eine interessante Bereicherung auch meines Horizontes. Chanson muss nicht eingestaubt klingen. Die moderne Herangehensweise von Alwa Glebe fegt den Ruf des Altbackenen von diesem Genre und beschert uns mit 41 Minuten zwar keine besonders lange, aber dafür eine besonders ruhige und wertvolle Zeit.
Autor: Dirk Busse
SONIC SEDUCER
Musik Magazin, Print Ausgabe
(Deutschland / Dez. 2019 / Jan. 2020)
ALWA GLEBE
„Against the pain“
(Cuptose Records)
Piano-Akkorde fallen leise ins Ohr, vorsichtige Streicher treten hinzu, die Arrangements beeindrucken mit spartanischer Anmut, und inmitten dieser zurückhaltend-edlen Klangkonstruktionen schwebt Alwas berührende, fragile Stimme, die eine intime Nähe zum Ohr und Gemüt des Hörers sucht und findet.
Was die Musikerin knapp 13 Jahre nach ihrem letzten Album „Irrlichter“ darbietet, mag dem zuhorchenden Menschen den Hals zuschnüren. Eine sehnsuchtsvolle Traurigkeit entsteht aus diesen leisen Songjuwelen, die in weiten Passagen auf Drum-Elemente verzichten und so wirken, als wären sie einem Traumkabinett erstiegen – oder aus dunklen Räumen schwerer, aber nicht hoffnungsloser Einsamkeit.
In der Tat vermögen die Stimmungen und Gefühle, die leisen Geschichten um Verlust und Neuanfang und das unstillbare Weh, den Hörer in einen imaginären Dialog mit der Künstlerin versetzen, als würden den ureigenen Empfindungen auf der Zunge und im Herzen der Protagonistin eine neue Gestalt gegeben werden. Tage von herausragender Glückseligkeit mögen für immer fortgeweht sein – und doch besteht Hoffnung auf Neues.
Alwa Glebe vermag diese zauberische Formel in durchdringender Form weiterzureichen. Obendrein erwähnenswert sind ihre ungemein eigenständigen Coverversionen, mit denen sie Klassikern von Bryan Ferry und Lou Reed neues Leben einhaucht.
Autor: Kym Gnuch
AMBOSS
Musik Magazin, Online Ausgabe
(Deutschland / November 2019)
ALWA GLEBE
“Against The Pain”
(Chanson/ Minimalistik Wave)
Wertung: Gut+
VÖ: 27.09.2019
Label: STF Records/Cuptose Records
Um zum biografischen Ursprung der Sängerin zu gelangen, muss man weit zurückblicken. Ende der 70er war sie Mitbegründerin der New Wave Band “Index Sign”, danach diverse Studioprojekte, Philosophie und Germanistik Studium, ’99 Debütalbum, 6 Jahre danach ihr Zweitwerk “Irrlichter”. Und nun, fast anderthalb Dekaden später das Drittwerk. Alwa Glebe hat sich Zeit, viel Zeit gelassen, um mit “Against the Pain” da anzuknüpfen, wo “Irrlichter” aufhörte. Reduzierte, dunkle Elegien, eine sanftmütige, leicht zerbrechliche Stimme. Philosophisch angehauchte Texte. Sehnsuchtsvolle, betörende Requien verpackt in minimalistische Klangspektren, welche den Fokus jederzeit auf den Gesang lenken.
Weit zurückblicken muss man auch, wenn man die beiden Coverversionen auf dem Album betrachtet. “Strictly Confidential” von Roxy Music und Lou Reeds “You Wear It So Well” stammen aus den frühen 70ern und werden hier mit der nötigen Demut vor dem Original neu interpretiert. Hinzu kommt mit “I felt a Funeral, in my Brain” die Vertonung eines Gedichtes von der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson.
Die dadaistischen Klanglandlandschaften verschmelzen mit dem Gesang, die Ruhe und Sanftmut wird latent konterkariert von Texten, welche zum Nachdenken anregen, welche in der Gesamtheit aber auch das Staunen im Hörer erwecken. Wie eine wärmende Decke umhüllt dich das Klagelied, lässt dich fallen, tief… reicht dir aber die Hand. Die Trauer als verführerische Welt, in die du entfliehen willst, ganz tief…
Im Unterschied zu den ersten beiden Alben singt Alwa diesmal in Englisch. Das könnte auf eine internationale Ausrichtung deuten. Und internationale Medien dürften durchaus zum Vergleich “weiblicher Nick Cave“ kommen, gerade in Bezug auf die letzten beiden Alben des Meisters.
Der Titelsong und auch das folgende “by your side” sind von akustischen Saiten bestimmt. Akzentuiert gibt es kleine Tasten-Einsprengsel. Das Gesamtbild wird ein wenig sphärisch in Szene gesetzt. Dazwischen erzählt Alwa ihre Geschichten, mit einer dunklen Stimme legt sie die Verzweiflung auf den Altar der verschiedenen Gefühlswelten. Egal, ob sie weitergeht, in Erinnerungen schwelgt oder einfach ihre Gefühle bildhaft beschreibt, sie hinterlässt einen Eindruck, dessen Eleganz in Verbindung mit der Musik eine Ästhetik hervorruft, welche dich in der Wärme kühlt und in der Kälte wärmt. “Don’t be scared” könnte klanglich in Island beheimatet, während “Happy Days” konträr zum Titel eine Ödnis in musikalische Formen presst, welche Soundtrack-artig daher kommen.
Fazit: Insgesamt ein Werk, welches die Sinne berührt, egal ob als Depressivum oder als autogenes Training für entspannte Rotwein-Abende. Alwa Glebe gelingt immer der Spagat zwischen Hingabe, Demut, Zerbrechlichkeit und dem eigenbestimmten, schwungvollen und lebenbejahenden Exkurs durch verschiedene Facetten der Trauer. Bei manchen Texten würde man sich einen kleinen Ausbruch wünschen, es würde aber der Erhabenheit der Gänze zuwider laufen. Begleitet wird Alwa Glebe von einem alten Bekannten, seit “Index Sign”-Zeiten ist dies Lennart Lessmann. Die ersten beiden CD’s der Dame sind ausverkauft, eine Neuauflage wird es nicht geben, aber nächstes Jahr ist eine VÖ geplant, mit den Songs der ersten Alben.
Autor: Andreas
ORKUS!
Musik Magazin, Print Ausgabe
(Deutschland / Dez. 2019 / Jan. 2020)
ALWA GLEBE
„Against the pain“
(Cuptose Records)
Weh und Wohlklang
Mit ihrem Soloprojekt etablierte sich Alwa Glebe als „Dark Chanteuse“ und Schöpferin von außergewöhnlichen Klangwelten. „Against the pain“ schlägt ein neues Kapitel auf, in dem sie mit ihrer einzigartigen Stimme englische Texte darbietet. Nach wie vor ist es Schmerz, dem sich die Worte widmen. Es ist aber ganz und gar keine schmerzvolle Erfahrung, wenn sich fließende Melodien, etwa die von „Don´t be scared“, um Herz und Seele schmiegen.
Die berührende Intonation des Gesangs verschmilzt mit den Instrumenten zu einem Sound voll Intenstität. Den Kompositionen wohnt diese besondere Form von Ruhe inne, deren Ausdruckskraft nicht eindringlicher sein könnte.
Die Analogtechnik der Castle Studios schmeichelt diesem Klang, ihr Talent für das Transportieren von Stimmungen zeigt Alwa Glebe neben den Eigenkompositionen auch in zwei Coverstücken („You wear ist so well“, „Strictly Confidential“). Bei „I felt a funeral in my brain“ wurde ein Gedicht von Emily Dickinson mit einer Emotionalität vertont, der man sich nicht entziehen kann. „Against the pain“ hüllt den Hörer in eine tiefe Atmosphäre, die unterhält und fasziniert.
Autorin: Martina Wutscher
ORKUS!
Musik Magazin, Print Ausgabe
(Deutschland / Sommer 2021)
ALWA GLEBE
„german days 1997-2006“
(Cuptose Records)
Zeitreise
Wer sich vom aktuellen Album „Against the pain“ begeistern ließ, hat jetzt die beste Gelegenheit zur Retrospektive. Mit „German Days 1997-2006“ wird eine Compilation veröffentlicht, die einen gelungenen Querschnitt präsentiert. Die gewählten Auszüge aus den Alben „Debüt“ (1999) und „Irrlichter“ (2005) eignen sich natürlich auch, um das Solowerk der „Dark Chanteuse“ neu zu entdecken und dessen faszinierende Klänge zu genießen. Es fällt leicht, sich von den stimmungsvollen Arrangements einnehmen zu lassen. So bedacht wie ausdrucksstark tragen diese stets Alwa Glebes Stimme, deren einzigartiger Charakter Texten, die schonungslos und sensibel zugleich sind, Leben einhaucht. „Es gibt kein Glück“ wird in „Glück“ inmitten so wunderschöner Klänge festgehalten, dass sich alleine aus dieser Spannung eine Atmosphäre bildet, die zutiefst berührt. Nur die Worte in „An der Brücke stand“ stammen nicht aus der Feder der Künstlerin. Der treffend gewählte Text von Friedrich Nietzsche fügt sich in emotionaler Adaption zu den anderen Stücken. Zwischen „Wahnsinn“ und „Liebe“ liegt hier eine fesselnde Klangwelt, die jederzeit eine Erkundung wert ist.
Autorin: Martina Wutscher
SHORT CUT
Rückschau?
ALWA GLEBE
Nach dem fulminanten aktuellen Album „Against the pain“ überrascht ALWA GLEBE mit einem Auszug aus ihrem Frühwerk der Neunziger und Nullerjahre. Die Songs der CD-Compilation „German Days 1997-2006“ wurden schon vor mehr als 16 Jahren als „eine andere Dimension, ein Reich für sich, unverwechselbar!“ umschrieben. Ein echter Tipp für alles Fans, aber auch für Neueinsteiger in die einzigartige Klangwelt von ALWA GLEBE.
SONIC SEDUCER
Musik Magazin, Print Ausgabe
(Deutschland / Mai 2021)
CD-REVIEWS
ALWA GLEBE
„German Days 1997-2006“
(Cuptose)
Der Titel sagt es schon: Hier handelt es sich um eine Compilation der ersten beiden Alben „Debüt“ und „Irrlichter“. Alwa Glebe, eine Protagonistin der frühen deutschen New Wave Szene, gründete 1979 das Projekt Index Sign, mit dem sie zwei Alben auf dem legendären No-Fun-Label veröffentlichte und sogar mit den Simple Minds auf Tour ging. Index Sign lösten sich 1982 auf. Nach verschiedenen Jobs als DJ und als freiberufliche Texterin studierte Alwa Glebe alias Susanne Gronemann später Philosophie und Literatur, um dann, Anfang der 90er, als Solokünstlerin zu starten. Ihre Musik ist seitdem sehr weiblich, elektronisch und pathetisch, aber trotzdem aufgeräumt. „Gothic-Chanson“ wird oft als Umschreibung ihrer Musik verwendet und trifft den Kern. Jenseits der Musik machte sie sich nach den beiden Alben, die hier in „German Days“ zusammengefasst werden, einen Namen mit der Erforschung von Migräne als künstlerische Inspiration und war an der Dokumentation „Out Of My Head“ beteiligt. Die überschaubare Diskografie von Glebe mag neben der sehr speziellen Musik der Grund für ihren eher geringen Bekanntheitsgrad sein - nach den beiden genannten Alben erschien 2019, nach jahrelanger Vorarbeit, jedenfalls nur noch das dritte Album „Against The Pain“ der noch immer aktiven Künstlerin.
Autor: Uwe Marx
NEWS
Die „Dark Chanteuse“ Alwa Glebe hat ein besonderes Compilation Album mit zehn Stücken veröffentlicht. Unter dem Titel „German days 1997-2006„ präsentiert sie uns einen Auszug ihres Frühwerks als Solokünstlerin, das ab jetzt in digitaler Form auf allen Streamingdiensten zur Verfügung steht. Bereits lange vor ihren musikalischen Alleingängen war Alwa Glebe schon sehr aktiv - etwa bei der in den späten Siebzigern formierten Band Index Sign aus dem Punk- und Wave-Umfeld sowie als Gastmusikerin bei den Simple Minds. Eine erfahrene Musikerin mit einer spannenden Vita.